Königslutter, Halle (epd). Die Verfassungen der evangelischen Kirchen bieten dem Juristen Michael Germann zufolge gute Voraussetzungen dafür, kirchliche Strukturen zukunftstauglich zu gestalten. „Eine Kirchenverfassung soll gewährleisten, was für den Auftrag der Kirche unter den sich verändernden Bedingungen nötig ist“, sagte der Professor der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg dem Evangelischen Pressedienst (epd). Germann sprach am 25. November vor dem in Königslutter tagenden Kirchenparlament der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Braunschweig anlässlich des 100-jährigen Bestehens der Verfassung der Landeskirche.
Angesichts sinkender Mitgliederzahlen und Finanzmittel werde derzeit viel über Veränderungen beraten. Zu den Ideen gehörten nicht einfach nur immer mehr Zusammenlegungen von Kirchengemeinden, sondern auch die Verteilung der Arbeit auf größere Teams aus verschiedenen Berufen und Ehrenamtlichen, sagte der Kirchenrechtler. Das Berufsbild des Pfarrers, zu dem derzeit neben der Verkündigung und Seelsorge auch viele Verwaltungsaufgaben zählten, könne sich zukünftig verändern. Die Verfassungen seien offen genug, solche Entwicklungen zu erlauben.
Die kirchlichen Verfassungen, die ihren Ursprung in den 1920er Jahren finden, seien vergleichbar mit einem Skelett, das einem ganzen Organismus Halt gebe, sagte Germann. Sie seien stabil und machten die Kirchen gleichzeitig beweglich und handlungsfähig. Sie regelten nicht anders als beim Staat die Aufgaben, die Organisation und die Struktur der Kirchen. Die jeweiligen evangelischen Landeskirchen in Deutschland seien „sehr munter“, ihre Verfassung zu überarbeiten oder sogar neu zu schreiben. „Ein schwer bewegliches Regelwerk ist es nicht.“
Die Evangelisch-lutherische Landeskirche in Braunschweig gab sich 1922 eine neue Verfassung, als die Kirche in der Weimarer Republik endgültig vom Staat getrennt wurde. Das Bischofsamt wurde geschaffen. Das Regelwerk ist in weiten Teilen bis heute gültig, allerdings immer wieder neu überarbeitet.