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12.05.2017 Kategorie: MartinChemnitz-FesteBurgAndacht

Nehmt ihr ihn hin und kreuzigt ihn, denn ich finde keine Schuld an ihm…

Johannes 19,6b

Nach dem Ende der Gewaltherrschaft 1945 haben manche im Brustton der Überzeugung gesagt: Ich persönlich hatte überhaupt nichts gegen die Juden, aber was sollte ich denn machen? Auch der römische Statthalter Pilatus hatte nichts gegen den Juden Jesus. Er ging sogar noch einen Schritt weiter und behauptete angesichts der gegen diesen vorgebrachten Anwürfe: Ich finde keine Schuld an ihm. Aber die richtige Konsequenz aus dieser Erkenntnis zog er nicht. Sondern ließ Jesus geißeln, d.h. brutal auspeitschen und gab ihn dann doch zur Tod bringenden Kreuzigung frei. Pilatus ist in diesem Verhalten das Musterbeispiel des alten, Paulus sagt: des fleischlichen Menschen, der getrennt von Gott lebt. Dieser alte Mensch sieht nur sich und wie er vorankommt, oder wie er jedweder Unannehmlichkeit aus dem Weg gehen kann. Nur keine Unruhe zum Fest! Nur keine ungünstigen Berichte an den Kaiser in Rom! Dann doch lieber einen Menschen über die Klinge springen lassen als einen Bürgerkrieg entfesseln. Edle Gedanken hin und her – Realpolitik muss anders aussehen. So dachte Pilatus damals, so denken oft genug auch wir heute. Dann jedenfalls, wenn der alte fleischliche Mensch in uns wieder mal die Oberhand gewonnen hat. Weg ist mit einem Mal der Bekennermut, für die Wahrheit einzustehen, die wir sonst so hehr bezeugen. Weg ist mit einem Mal der Einsatz für bedrängte Menschen oder für die schwach gewordene Kirche… Schlimm ist es, wenn wir dann unser Verhalten als alter Mensch rechtfertigen. Allein richtig ist es, dann (mit Luther gesprochen) in unsere Taufe zu kriechen, die uns zum neuen Menschen gemacht hat, dies Gott geradezu vorzuhalten und ihn zu bitten, uns zu verzeihen und Kraft zur Korrektur unseres Verhaltens zu geben.

Lieber himmlischer Vater: Gib mir bitte deine Kraft und Stärke, den alten Menschen in mir immer wieder zu überwinden. Amen.

Bild: flyupmike / Pixabay