Mein Vater saß, wie so oft, mit qualmender Zigarre auf dem Sessel. Als ich sein Wohnzimmer betrat, senkte er die Zeitung und bemerkte: "Ich hab' das jetzt geregelt…" "Was denn?" erwiderte ich. "Na, das mit dem Friedhof!"
Ich verstand immer noch Bahnhof, bis er mir erklärte, er habe auf dem hiesigen Hauptfriedhof schon mal einen Begräbnisplatz erworben… "Übrigens", schloss er die Unterhaltung: "für dich und Brigitta gleich mit!"
Mir blieb doch glatt die Spucke weg. Ich war damals grade etwas über vierzig Jahre alt, fühlte mich höchstens wie 31 1/2 und nun so was! Eine nette Fürsorge meines "alten Herrn", gewiss, aber… an mein Sterben hatte ich noch gar nicht gedacht, geschweige denn an mein Begräbnis. Ich fühlte mich prompt unangenehm berührt…
Heute, fast zwanzig Jahre danach, denke ich anders darüber. Ich gehe längst gerne zu der großen Grabstelle. Und das nicht nur, weil ich da inzwischen Mutter und Vater bestattet weiss. Ich betrachte dort auch die für mich schon reservierte Fläche und mache mir manche Gedanken… Z.B. was habe ich bisher aus meinem Leben gemacht? Was davon war sinnvoll, was wird vielleicht über mein Lebensende hinaus Bestand haben? Was dagegen war oder ist falsch, was ist noch änderbar? Und: wie bin ich bereit, meinem Gott gegenüberzutreten, wenn er nach meinem Sterben mein Leben noch einmal "aufrollt"? Habe ich seinem für mich gekreuzigten und auferstanden Sohn vertraut? Ich meine, mit all' diesem Denken habe ich endlich das Bibelwort aufgegriffen:"Herr lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf das wir klug werden…" Das einst ziemlich misstrauisch beargwöhnte Grab hat mich doch in eine gute Richtung geführt.
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05.09.2012
Kategorie: MartinChemnitz-WortzumSonntag
